On performing

Musiken sipprar alltid igenom ändå by Mikael Rudolfsson - Trombone

Jag talar med en god vän om musikens vara eller inte vara, ur ett samhälleligt perspektiv, vi kommer in på svensk kulturpolitik, framförallt när det gäller klassisk musik. Ofta kallar jag mig, halvt på skämt, "Wirtschaftsflüchtling" här nere i Österrike, alltså någon som flyttat från sitt hemland för att hen inte kan utöva sitt yrke i där. I mitt fall stämmer det nog ganska väl överens med sanningen: att tjäna sitt leverbröd med kombinationen ensemblespel och solistiskt spel inom den nutida musiken på trombon ter sig, med det jag vet om Sveriges musiklandskap, mer eller mindre omöjligt. I Österrike, Tyskland eller Schweiz går det hur bra som helst

Sedan säger vännen en bevingad mening, som på något vis räddar Sverige, och hoppet: "musiken sipprar alltid igenom ändå". Och jag vet i stunden jag hör det att det är sant. Som den vattenskada mitt innertak just återhämtar sig ifrån; vattnet finner alltid en väg igenom, så länge det finns någon spricka överhuvud taget. I musikens fall något högst positivt. Människans behov av att utföra, lyssna, uppleva musik (live!) verkar gränslöst och helt oimponerat av den nya digitala verklighetens tillkortakommanden.

Och, Mozarts flödande toner bevisar ordlöst att det är sant. Jag hör Grumiaux-Trion med Mozarts stråkkvintetter, helt outdated när det gäller modern interpretationsteori, så makalöst vackert och tidlöst.

https://www.youtube.com/watch?v=r7XuKyNWi8M

Glöm aldrig att musiken övervinner både tidens tärande tand och kulturpolitiska (till synes) omöjligheter.

En sommar fylld med musik och festivaler kan börja!

Allt det bästa, glad sommar och hoppfulla hälsningar,

Mikael

Aufmerksames Hören by Mikael Rudolfsson - Trombone

Die Scheinwerfer toben so laut dass man den Anfang des Stückes kaum hören kann. In Wirklichkeit sind sie natürlich nicht lauter als einige Minuten zuvor, aber im hochsensiblen Augenblick direkt vor dem Beginn eines Musikstückes wächst jedes Geräusch, nimmt die Form einer spektralen Ureiche an.

Meine mechanische Uhr summt normalerweise im Alltag auf meinem Handgelenk vergnüglich vor sich hin, aber direkt bevor ich das Mundstück im Konzert ansetze bebt mein ganzer Körper vor dem Ticken. Tick. Tack. Tick. Tack.

Natürlich tickt sie nicht wirklich lauter. Aber der Körper und das Hören sind beide so viel aufmerksamer geworden, nehmen Details wahr die sonst im allgemeinen Lärm komplett untergehen.

Der Beruf Musiker, das wird oft vergessen, ist genauso ein Beruf des Hörens wie einer des Spielens. Und das ist die Gabe die wir an das Publikum weitergeben können. Hören lernen. Sonic perception = Klang wahrnehmen. Durch kluge Programme, in mit Spannung gefüllten Darbietungen. Ein Statement als Alternative zum Lärm der Zeit.

Sich selbst hören = sich selbst spüren.

Frestelsernas Berg by Mikael Rudolfsson - Trombone

Att vi ömsar skinn som ormar - är det en välsignelse eller en förbannelse, att vi människor är så anpassningsbara? Att vi vänjer oss så snabbt vid all slags omständigheter?

Det stora mörkret, det obekanta, är det nära eller långt bort? Eller kan det till och med innebära en trygghet att ha avgrunden en armslängd bort? Som munkarna vid Frestelsernas Berg vid Jeriko, att stenkast från klyftan, dalen, stupet. Men i tillit, i förtroende att tillvaron håller sig själv samman.

Tomas Tranströmer skriver i sin dikt Schubertiana:

Så mycket vi måste lita på för att kunna leva vår dagliga dag utan att sjunka genom jorden!
Lita på snömassorna som klamrar sig fast vid bergssluttningen ovanför byn.
Lita på tysthetslöftena och samförståndsleendet, lita på att olyckstelegrammen inte gäller oss och att det plötsliga yxhugget inifrån inte kommer.
Lita på hjulaxlarna som bär oss på motorleden mitt i den trehundra gånger förstorade bisvärmen av stål.
Men ingenting av det där är egentligen värt vårt förtroende.
De fem stråkarna säger att vi kan lita på någonting annat.
På vad? På någonting annat, och de följer oss en bit på väg dit.
Som när ljuset slocknar i trappan och handen följer – med förtroende – den blinda ledstången som hittar i mörkret.

Jag har tänkt på konstens grundförutsättning i det obekanta och därigenom hotfulla. Som alltid ett tvåeggat svärd, det obekanta omkring oss vs. det obekanta inom oss. Är det konstens enda återstående uppgift, att föra oss närmare det, att förena dem? Eller rentav att återskapa det i en värld där det gått förlorat?

Så härligt att ställa frågor igen, så härligt att känna kreativitetens flöde.

Hösten är här. Som att dansa på tunn is, vetandes att den närsomhelst kan spricka. Men ännu bär den. Och vilken dans, vilka piruetter. Vi ses i konsertsalarna eller i etern!

Eder Mikael

Serotonin und Vertrauen by Mikael Rudolfsson - Trombone

Wir leben in aufregenden Zeiten. Die Welt ist gerade drunter und drüber, das Blut das in den Weltadern fließt wird erdosselt, oder zumindest gestemmt, wegen des Coronavirus. Die Wirtschaft befindet sich im Sinkflug, Kulturveranstaltungen werden en masse abgesagt. Die Zukunft wird uns zeigen, was am meisten zerstörerisch wirken wird: die Maßnahmen gegen das Virus, die Angst oder das Virus selbst.

Ich habe einen interessanten Vortrag über unser Gehirn gehört und fühle mich aufs neue Erleuchtert: Ich wusste nicht den Unterschied zwischen den Glückshormonen, aber wenn Dopamin unser Boostsubstanz ist, das Hormon was uns motiviert, hat Serotonin anscheinend die wunderbare und besondere Funktion, dass es uns in einer Sphäre von Zuversicht und Gelassenheit wirken lässt, einen inneren Frieden gibt, die Eigenschaften die wir brauchen um gut, glücklich und produktiv leben zu können. Eine Nervenfreibahn zum Urvertrauen, wenn ihr so wollt.

Und ich glaube, Menschen, die mit einer guten Ausschüttung von dieser Substanz gesegnet sind leben wirklich besser. Ein überanalysiertes, zu sehr katastrophenbewusstes Mindset tut uns nicht gut. Nicht auf der Bühne und nicht im Leben. Am besten funktionieren wir in einem Raum von scheinbarer Sicherheit, natürlich ohne dumme oder selbstzerstörische Maßnahmen zu treffen.

Und ist nicht diser gesegneter Raum genau der Ort wo Kunst und Kreatives erschaffen wird? Wo wir uns nicht ständig hinterfragen, was gerade Falsches passiert, und wie wir uns davor schützen müssen? Die Selbstsicherheit, oder die Gelassenheit dass am Ende alles gut wird. einfach. Große Persönlichkeiten aus der Vergangenheit wie Beethoven oder Wagner sprechen für sich. Mein Weg kennt nur einen Weg. Vorwärts! Oder um es mit Beethovens eigenen Worten zu sagen. "Muss es sein? Ja es muss sein!"

Wenn du das nächste Mal auf einer Bühne stehst oder nur durch die Stadt gehst, denk daran. Es wird alles gut, niemand versucht bewusst dich zu bedrohen. Wenn diese Panikkrise um das CoVID-19 vorbei ist werden wir merken - wir sind nicht alle gestorben. Und wir werden und sind verpflichtet, in Güte, in Kreativität und Zukunftsstimmung weiterzuwirken. Ach...ja, Bananen helfen anscheinend auch, bei der Serotoninausschüttung.

Passt auf euch auf und bleibt gesund!

Euer Mikael

Ornaments in Life by Mikael Rudolfsson - Trombone

That little extra unexpected thing that makes life shine even brighter. Like the person you meet, somewhere you didn't count on it. Or like suddenly realizing that it's the climate hero Greta Thunberg walking back and forth with her father in the train car on my way through the summer landscape.

Ornaments, or embellishments. As always, music helps me understand the rest of life. Surprising me, in the most wonderful manner, with small but important changes. That small sudden idea taking you from one bar to the next, the unexpected turn or trill around a note, contributing to the spontaneity and the excitement.

Which are your small gems around the notes? How do you keep the eternal changes of life flowing?

Or my favourite sequence of the (CPE) Bach flute sonata in g minor. Falling leaves. And nothing makes me feel more summery-like than this upwards falling sequence.

Sunny greetings,

Your Mikael

Barenboim by Mikael Rudolfsson - Trombone

Der alte Maestro sitzt auf seinem Thron. Es geht ihm immer noch gut, aber er ist nicht mehr unangefochten. Er bleibt ruhig, obwohl die Welt um ihn tobt - vor Vorwürfen, vor großen Veränderungen, vor den Nachbeben der #metoo-Welle. Und, bei all seiner Grantigkeit und Dominanz hat er recht, auf seiner Erfahrung fundierend schaut er durch das Fenster der Klarheit und stellt fest:

"Es ist einer der großen Fehler unserer Zeit, dass wir Bildung mit Information verwechseln und Gleichheit mit Menschlichkeit."

So kurz kann man es zusammenfassen. Hätte ich nicht aufgepasst, das Geniale an diesem Satz wäre an mir vorbeigegangen. Aber es stimmt - ich habe es so oft mit meinen eigenen Augen gesehen - wie die selbsternannten "modernen" Menschen die wahren Werte und die ernsthafte Arbeit an der eigenen Persönlichkeit aufgeben und desperat nach dem Messbaren suchen. Messbare Dinge - wie Gleichheit oder Informationsflow, wie Geld oder Wachstum. Aber - die Realität und wir Menschen die ihr beiwohnen sind nunmal komplex, komplexer als wir manchmal wahrhaben wollen. Zum Glück ist der Maestro jetzt ist in Schwung gekommen, er ist nicht zu stoppen, er setzt fort:

"Wir sind nicht alle gleich, wir sind alle verschieden. Natürlich haben alle Menschen Anspruch auf die gleichen Rechte , egal wie verschieden sie sind. Aber unsere Unterschiede machen uns menschlich. Die Musik lehrt und das. In der Musik geht es um Kontrapunkt, um Kontraste."

Eben, der farbenreiche Schimmer der Schönheit: die Vielfalt und die Kontraste. Das eigene Leben als cantus firmus, in wunderbarster Relation zu den anderen Stimmen. Mit unzähligen, rätselhaften und aufregenden Spannungen und Reibungen. Alles vereint unter einem einzigen, großen Bogen. Lass uns kurz nachdenken und uns gemeinsam für die Polyphonie entscheiden! Für die unendlichen, spektralen Möglichkeiten unseres Daseins. Nur eine einzige einsame Stimme in einer monotonen und unharmonisierten Welt wäre so fad.

The Happiness Machine by Mikael Rudolfsson - Trombone

“Was ist das tollste Ergebnis von unserem Wohlstand?

Für mich ist es die Kultur, dass wir die Zeit übrig haben und Geld übrig haben und Menschen übrig haben, die in Opernhäusern und Theatern sich einfach nur mit Schönheit oder auch mit dem Lebensgeschehen beschäftigen. Sich damit beschäftigen, was ist das überhaupt, Mensch zu sein? Was kann das sein?

Für mich ist es die Musik. Das ist die Sprache, die ich am besten verstehe, wo ich diesen direkten Zugang hab, obwohl ich Theater liebe oder Literatur, natürlich, aber Musik geht so: „krk“ rein, ohne dass ich mich wehren kann, sie muss nicht erst mal durch den Kopf, und das ist glaub ich, wenn man diesen Zugang zu den Menschen finden kann, dann kann man was bewirken, will ich hoffen.”

Klang bündeln by Mikael Rudolfsson - Trombone

Klang bündeln, Geräusche einordnen, eingrenzen, der Musik freien Lauf lassen, so organisieren, dass die Schichten wahrnehmbar sind, dass das Ohr es alles annehmen kann.

In einer irgendeiner Partitur, bei Mahler, bei Haas, Grisey oder 5K HD, egal.

Schönheit, was ist das? Fragst du Lachenmann. Fragst du mich? Wenn du den Begriff Schönheit für dich aktualisierst, aktualisiert die Neue Schönheit dich.

Übrigens, es ist längst nicht vorbei mit der Neuen Musik. Wir haben gerade erst angefangen.

Neues Lebensjahr, neue Abenteuer.

Die Sache by Mikael Rudolfsson - Trombone

Jonathan Meese mag ein in allen Hinsichten extremer Künstler sein. Aber wenn er sagt: "In der Diktatur der Kunst regiert die Sache, wie Licht, Atmung, Gelee (Erz), Liebe oder totale Schönheit, wie z. B. Scarlett Johansson", dann hat er recht. Je mehr Musik ich spiele, je mehr Kunst ich sehe, desto wichtiger wird sie mir, diese Sache.

Die Sache, ohne sie geht es nicht. Gerade in einer Gesellschaft die sowohl überflutet als überfüllt ist: von gefälschten Nachrichten und digitalen Pseudowelten, von Informationsmüll und naiven Überzeugungen in dieser neuen medial kontrollierten Überwachungsdemokratie, gerade hier tut diese Einsicht so gut. Es gibt sie nämlich noch, die echte Sache, die Sache an die man glauben kann, glauben darf, glauben muss. Meese behauptet es, und ich entdecke sie jeden Tag in meiner Arbeit aufs Neue wieder.

Und wie befreiend war es nicht, bei der am vergangenen Wochenende stattfindenden Ernst von Siemens-Preisverleihung, die Musik von Beat Furrer zu spielen, nach drei ziemlich nichtsagenden Klangstudien dreier Förderpreisträger, die Erlösung: Furrers Musik: Musik mit Flow, Musik mit Bogen, Musik mit echten, erzählerischen Qualitäten.

Der Klang ist die Seele der Musik, das habe ich schon lange gedacht, und wenn wir die Echtheit in unseren Leben zulassen, unser Hören pflegen, und standhaft an dieser Sache festhalten, dann pflegen wir auch unsere Seele. Es regiert eben, die Sache.

Time by Mikael Rudolfsson - Trombone

When I was younger, time seemed to be an unimportant factor in almost all aspects of life. I did things, took the time that was needed for them and looked what happened. If a new area of interest opened up, I followed my urge to explore more about it without thinking twice about how to arrange my life around it. If a problem occured, I always found the required amount of time to solve it.

But times changed, and the world as well. Everything got digitalized, fast, sometimes, I believe, even faster than the inner timing of us humans. More and more often I had the feeling that if I don't actively choose to do something to slow down the flow of this new reality, I would be automatically drawn with it, like a river bringing me along without asking.

In music, time is omnipresent. In the smallest musical universe (micro-timing) and in the long run, in the 10.000 hours it takes to learn a musical instrument, in the never-ending development of music itself. The most impressive moments I have experienced in music are the ones where time ceases to exist. Haven't you felt that as well? I have a favourite saying:

"Music doesn't take time, it takes place in time."

This is true. And, furthermore, it can help us in all other aspects of life. Listen to how Yo-Yo Ma flies timelessly between the phrases in the Bach Cello Suites. Experience how impossible it is to say, after Arvo Pärt's Fratres, if 3, 10 or 30 minutes have passed since the piece began. And listen to the best, bravest and most important solists of all time - how they wait, how they dare to be that risky tiny noch behind the orchestra, to how Glenn Gould slows down the Brahms first Piano Concerto. Steals the time...from whom? The universe? The composer himself?

My theory is that, if done correctly, we can steal the time back from The Man Who Collects Time, that bad grey-shaped evil wizard shamelessly collecting it while smoking his cigar. And the place where we can learn this is in the small phrase, the micro-cosmos, in the eight-note pause between phrases, the C Major chord unexpectively resolving not to a f minor, but to a D flat Major. That's where the secret lies. The small hole in the matrix, in the big picture we call our reality. Music.

Listen to the Legato by Mikael Rudolfsson - Trombone

Answering the question, which trombone players I'd recommend to listen to, I discovered just how important sound and legato are to me. And how independent of genre.

After hesitating for a few moments, I mentioned three good examples, all of them jazz/commercial players:

  • Urbie Green
  • Dick Nash
  • Bill Watrous

In the case of Dick Nash, it's often not even possible to find out on which studio recordings he plays on. But - oh, what a style!

Keep swinging!


Mikael

Musik konservieren by Mikael Rudolfsson - Trombone

Wie kann man Musik festhalten? Ist es überhaupt möglich, dieses klingende Zeitfenster Magie zu konservieren, zu fangen, ähnlich dem Fangen der Träume in Roald Dahls "Sophiechen und der Riese", ein Buch in dem der gute Riese GuRie Träume aus dem Traumland holt, in Einmachgläsern sammelt und nachts in seine Trompete gießt, um sie in die Schlafstuben der Kinder zu blasen und dadurch ihnen schöne Träume zu bescheren?

Ich lebe streng nach der Devise "Music doesn't take time, it takes place in time" aber letzte Woche haben wir es mit meinem Quintett Ensemble Schwerpunkt gewagt, nach ganz anderen Prinzipien zu arbeiten. Wie ein Eisbrecher auf dem Weg zum Nordpol haben wir mit allerhöchstem Anspruch die besten Stücke unseres Kernrepertoires im Deutschlandfunk-Kammermusiksaal in Köln für unsere erste CD aufgenommen. Und zwar Satz für Satz, Teil für Teil, Takt für Takt.

Aufnehmen hat nichts mit konzertieren zu tun. Es fordert komplett andere Fähigkeiten, ist ein teilweise mühsamer, sehr langer Prozess. Aber, wie unser Tonmeister gesagt hat, es ist möglich Musik zu konservieren. Man muss dann aber anders vorgehen. Und nachdem ich die ersten Ergebnisse oben im Studio gehört hatte war ich mir gewiss: es wird ein Hörerlebnis sein. Wir haben auf solch kleine Details Wert legen können, mit den feinsten klanglichen und technischen Werkzeugen arbeiten können, mit Extraohren und Extramikros und Extrakonzentration was erschaffen, was im Konzertsaal nicht möglich ist. Der Tonmeister nochmal: man kann ein Musikerlebnis für die Ewigkeit konservieren, das jederzeit abrufbar ist und immer die Frische behält.

Wie ein Traum in einem Einmachglas.

Der Moment der Aufführung oder die Aufführung des Moments by Mikael Rudolfsson - Trombone

Es ist immer anders und neu, wenn eine Komposition aufgeführt wird. Anders als in der Probe. Anders wie in besser – in dem berauschenden Moment der Aufführung wohnt eine solche Kraft inne, und im Gegenteil zu dem was man erwarten könnte ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gelernte und Geübte in der Aufführung besser klappt als in der Probe erstaunlich groß. In anderen Worten: dass die Musik über sich selbst und über dein Können hinauswächst ist im entscheidenden Moment nicht nur möglich sondern höchstwahrscheinlich.

Ich rede nicht nur von dem nach wie vor immer schönen Erlebnis, für ein Publikum zu spielen, nein, ich rede von der rein technisch-künstlerischen Präzision der Musik in der Aufführung als Beweis für ihre unmittelbare Kraft. Von dem Erlebnis, wie der Arm von sich selbst wie im Trance die richtigen Positionen findet, wie die Feinsensibilität in den Lippen sich viel genauer anfühlt als sonst. Ist es dieses Gefühl Sportler empfinden, wenn sie im Stadion angefeuert werden? Oder ist es einfach die Befriedigung, wenn wir nach Jahrzehnten Vorbereitung immer wieder das abrufen dürfen, was wir mit solcher Mühe geübt und gelernt haben?

  • Probe=(aus)probieren
  • Vorstellung/Aufführung=wir stellen es vor/führen es auf. Befinden uns im Flow.

An dieser Stelle möchte ich eine Klangbrücke zu dem Komponisten Wolfgang Rihm schlagen: Rihms Musik ist eine die stets als Geste funktioniert, eine Musik die eine gebündelte Kraft darstellt, treffsicher auf den Punkt gebracht, eine Gegenrede zur Stille, handgeschrieben auf einem Blatt Papier, eine Genauigkeit des Zusammenspielens in Noten ausnotiert. In ihr wohnt der Klang als Skulptur, mit Axt und Rasierklinge zu einer oft vollendeten Form geschliffen. Und in diesem schwarzen energiegeladenen Loch ist es oft so, als würde die Musik sich selbst spielen.

Das war für mich die Essenz des Wolfgang Rihm-Festivals »Klangbrücken 2017« der letzten Tage. Ein sehr schönes Festival das mit dem gestrigen Konzert mit seinem »Chiffre«-Zyklus zu Ende ist. Dafür warten viele noch unerhörte, neue, spannende und unerwartete musikalische Abenteuer im Mai und Juni auf uns. Einfach offen bleiben, stets neugierig und wach sein, das gilt sowohl für mich wie für das Publikum, dann kommen immer die schönsten Überraschungen. Und dann packt uns die Magie im Moment der Aufführung. Immer wieder. Versprochen.

Wir sehen uns in der Musik!

Euer Mikael